Unser stacheliger Wintergast Freddy ist groß und kräftig geworden und
wiegt nun knapp über einem Kilo. Ich finde es ja immer noch echt
unglaublich, dass es Wesen gibt, die ihr Gewicht innerhalb von 3 Monaten
verfünffachen können. Aber was ich erzählen wollte: Freddy zog es in
die Freiheit. Jeder Versuch, ihn noch in den Winterschlaf zu schicken,
scheiterte. Dazu die milden Temperaturen, das Vögelzwitschern, der Duft
von Frühling... ich nehme an, er war überwältigt von Frühlingsgefühlen ;-)
Er
hatte wirklich viel Platz auf dem Balkon. Und eigentlich soll man in
Gefangenschaft aufgepäppelte Jungigel nicht vor Ende März auswildern.
Aber er wollte raus. Er entwickelte in den letzten paar Tagen
Verhaltensstörungen, die mir keine andere Wahl ließen, als ihn schon
jetzt frei zu lassen. In der Hoffnung, dass nun wirklich kein schwerer
Wintereinbruch mehr kommt... Ihr kennt sicher den Rilke mit dem Panther,
ja? Der Igel zog stundenlang die immer gleichen Bahnen an seiner
Gehegewand. Immer wieder hin und her. Bei jedem Richtungswechsel drückte
er Stirn und Nase gegen die Holzwand, was mir leider erst morgens
auffiehl, nachdem er das offensichtlich die ganze Nacht gemacht hatte.
Das Ergebnis war eine blutiger Nasenrücken und ein blutiges breites Band an der Holzwand...
Nach der Lektüre von Erfahrungsberichten - u. a.
hier bei Igel in Not
- und der Rücksprache mit dem Tierarzt behandelte ich die Nase,
kontrollierte die Füße (die bei sowas auch gern mal blutig gelaufen
werden - aber die waren in Ordnung), schoss dieses Abschiedsfoto und nach Einbruch der Dunkelheit brachte ich ihn in den Wald. Nicht ohne eine Träne im Knopfloch :-)
Da
sass ich also allein in der Dunkelheit auf der Parkbank am Wegesrand,
hörte den nächtlichen Geräuschen zu und wartete darauf, dass unser
Freddy endlich im Unterholz verschwand. Hier und dort knackte es. Vor
meinen Füßen huschte eine Maus davon. Jedenfalls hab ich das Geräusch so
interpretiert. Über mir schimpfte ein Eichelhäher mit mir. Alles gut
soweit. Bis sich irgendwann jemand auf zwei Beinen, laut schnaufend und
ohne irgend ein Licht auf dem Weg näherte. Da hab ich mich dann lieber
fix vom Igel verabschiedet und hab das Weite gesucht, als wenn nun ein
besonders gefährliches Raubtier kommt. Das war eigentlich das Traurigste
an der ganzen Aktion, ist mir auf dem Heimweg bewusst geworden...
Eure Sandra